aus der Badischen Zeitung vom 21. November 2017
Das 1. Akkordeon-Orchester Emmendingen bezauberte die Konzertbesucher in der Steinhalle mit Melodien aus Rondo Veneziano.
“Benvenuto signore e signori in questa bella serate per un concerto molto speciale!” Gut gelaunt und wie ein Fernsehprofi leitet Keyboarder Danilo Knab, in Doppelfunktion an diesem Abend in der Steinhalle als Moderator durch das Programm, das ganz unter dem Zeichen von Rondo Veneziano steht. Die Besucher genossen Arrangements für das Akkordeon-Orchester von Ronny Fugmann zu Original-Rondo-Veneziano-Stücken.
“Sollten Sie Rondo Veneziano nicht kennen, hilft vielleicht die Vorstellung eines klassischen Orchesters, das von Schlagzeug und E-Gitarre unterstützt wird”, so Knab. Rondo Veneziano ist ein italienisches Orchester, das klassische Elemente aus dem venezianischen Barock mit modernen Elementen aus Rock und Pop verbindet. Diese auf den ersten Blick unpassende Mischung erzeugt erstaunlich melodische und harmonische Klänge und bietet fast unbegrenzte Vielfalt.
Im Konzert war von Anspannung nichts zu spüren. Im Gegenteil, auch das Publikum spürte venezianische Feierstimmung. Mottogerecht trugen die Musiker goldene Masken. Specchio della laguna e feste veneziane – Der Spiegel der Lagune und das venezianische Fest konnte nun beginnen. Bevor die ersten Töne erklangen, erfreuten sich die Augen der Zuschauer an aufwendiger Bühnendeko: ein goldener Metallschweif an Gondeln (ferro di prua), die an die Kopfbedeckung der Staatstracht der Dogen erinnert, lehnte an der Bühne; ein venezianisches Barockkleid mit Perücke war ausgestellt.
Nach Posaunen oder Saxofonen sucht der Zuhörer allerdings vergebens – stattdessen findet er 36 Akkordeons auf der Bühne. Schlagzeug, Percussion, Keyboard Pauken bilden, wie in einer klassischen Bigband auch, als Rhythmusgruppe das Fundament. Den musikalischen Part der Streicher und der Bläser übernehmen jedoch die Akkordeons. Abgerundet wird das besondere Klangbild durch das Piano (Louis Helmle) und das Cellosoli (Barry Luo), beide sind absolut großartig. Man fragt sich unwillkürlich, Akkordeon und Cello, wie passt das zusammen? Fugmann: “Das Cellospiel von Barry Luo war super in die Gruppe integriert und andererseits klar ‘rauszuhören.”
Hochkonzentriert zeigte sich “Tutte le Orchestre” bei der Interpretation von “Speccio della laguna” und “Feste veneziane”. Romantisch das “Luna di miele”, die Hochzeitsnacht. Die Akkorde ahmten ein ganzes Streichorchester nach, die Läufe auf den schwarz-weißen Tasten erreichten ganz die Schnelligkeit des Originals. Einige Stücke seien, so Fugmann, wegen seiner Rhythmik und des Tempos “eine echte Herausforderung”. Bei den wöchentlichen Orchesterproben bleibe fürs Tönezählen, so Fugmann, keine Zeit. Jeder müsse seinen Part vorher einstudieren. Viel Arbeit für die jungen Laienmusiker, die allesamt stolz sind, gerade in diesem Orchester zu spielen.
Ein besonderer Höhepunkt des Abends stellte ein virtuoses Arrangement für das Ensemble dar, fünf Akkordeonisten von der Band lebhaft begleitet, riss es das Publikum zu lang anhaltendem Applaus hin. Bei vielen Stücken, zum Beispiel “Ronda di stelle” konnte man die Technik des Bellow Shake (Schüttelbalg) beobachten. Fugmann danach gefragt: “Diese Technik ist für fortgeschrittene Spieler und verlangt sehr präzise Handhabung des Balges. Diese ist bei der Interpretation von klassischer Musik erforderlich.”
Das Konzertorchester wird von Ronny Fugmann seit 2009 geleitet und bietet ein außergewöhnliches Klangbild. Fugmann, der den Taktstock mit großem Enthusiasmus führt, hat bisher 141 Stücke geschrieben, darunter zahlreiche Orchesterwerke (unter anderem neun klassische Sinfonien für Akkordeonorchester), sowie mehrere Ensemble-, Duo- und Solostücke; und betätigt sich (vor allem im klassischen Bereich) gern als Arrangeur.
Die gute Stimmung, die das Orchester verbreitete, schwappte schnell auf das Publikum über. Immer gespannt auf das nächste Stück, wippte der ganze Saal mit. Das große Finale mit dem Konzertorchester und dem Chor bestehend aus Jugendorchester und Orchester Tonika “La Piazza” wurde mit frenetischem Applaus belohnt. Das Publikum ließ die Musiker erst nach zwei Zugaben von der Bühne gehen.