Klassische Momente auf höchstem Niveau gespielt

Badische Zeitung vom 23.11.2010

Das traditionelle Herbstkonzert des Akkordeonorchesters Emmendingen erwies sich als anspruchsvoll und außergewöhnlich.
Schubert, Vivaldi, Bach, Mozart und immer wieder Ronny Fugmann standen auf dem Programm des 1. Akkordon-Orchesters. Jugend- und Konzertorchester, Ensemble sowie Gäste aus Pfaffenweiler spielten auf diesem populären Instrument “Klassische Momente” auf höchstem Leistungsniveau.
Gut besucht war das traditionelle Herbstkonzert in der Steinhalle. Alle Orchester zeigten herausragendes Können, weit über dem üblichen Standard. Die Dirigenten Fugmann und Wagner als Konzertinitiatoren bewiesen, dass ein Akkordeon kein “Außenseiterinstrument” infolge von Repertoireengpässen ist, sondern in fein ausgewogenem Gleichklang im Orchester sein Flair auch bei anspruchsvoller Klassik entfalten kann.
“Dieses Konzert war Bellow-Shake-lastig,” so Fugmann stolz, “und ist selten zu hören. Denn es erfordert Höchststufenniveau.” Diese Technik, die durch schnelle Ein- und Ausbewegung des Bassarmes und damit des Luftbalges einen “Stottereffekt” erzeugt, ist äußerst schwierig zu spielen. Beim vierfachen Bellow-Shake beispielsweise wird eine Viertel- zu einer Sechzehntelnote.
Eindrucksvoll war schon der Beginn des Konzerts. Ein großflächiges Crescendo aller 41 Musiker leitete die Ouvertüre “Also sprach Zarathustra” ein. Das Publikum spürte förmlich den Sonnenaufgang, denn das Akkordeon ist das perfekte Instrument, um ein Crescendo zu spielen. Der Druck auf die Bälge wird allmählich erhöht, was die Lautstärke vergrößert.
Gekonnt boten die 15 Mitglieder des Jugendorchesters den 3. Satz aus der Sinfonie Nr. 5 von Franz Schubert, dem “Menuetto”, mit einem kräftigen Hauptteil in g-Moll und einem weicheren Trio in G-Dur. Danach die “Little modern Concert Suite in vier Sätzen”, eine jugendlich konzertante Popmusik, so Fugman über seine Komposition, mit der er beim Bundesjugendorchester-Wettbewerb im Juni 2011 teilnehmen will. “First Impression” bildet die Eröffnung, gefolgt vom exotisch-rhythmischen Hauptmotiv “The Bazar” und einem Decrescendo, um dann mit “Agent finaly” die grandiose Darbietung zu beenden.
Die Fünf vom Ensemble “Allegro Giococo” (Ronny Fugmann, Ulrich Gierschner, Andrea Maier, Regina Bauer und Anja Seitz) haben bereits beim Bezirkswettbewerb in der Höchststufe den 1. Platz belegt. Mit “Allegro Non molto” aus Inferno, eine Bearbeitung des ersten Satzes des “Winter”-Konzerts und später dem “Presto” aus Estate, dem 3. Satz des Sommers, waren Auszüge aus Vivaldis “Vier Jahreszeiten” mit fein ausgewogenem Gleichklang und reiner Intonation zu hören. Mit dem Violinenkonzert Nr. 1 (1. und 3. Satz) von Johann Sebastian Bach bewies das Ensemble, welche Möglichkeit der Tonmodulation, hier das Imitieren der Violinen, durch perfekte Spieltechnik auf dem Akkordeon möglich ist.
Mit einem kräftigen Akzent auf die Kesselpauke beendete Patrik Müller (stets punktgenau) den slawischen Tanz Nr. 5 von Antonin Dvorak. Das Konzertorchester spielte Franz Schuberts “Allegro” aus der Sinfonie Nr. 5. Auch die Mitglieder dieses Orchesters bewiesen, dass sie die Kanzellen (den Tonraum, in dem der Ton ausgebildet wird) beherrschen.
Das Wagner-Orchester aus Pfaffenweiler unter Leitung von Markus Wagner brillierte mit seiner Uraufführung der vollständigen Haffner-Symphonie Nr. 35 von Mozart. Die 20 Spieler auf Höchststufenniveau spielten alle vier Sätze des von Markus Wagner für Akkordeon arrangierten Stückes so gekonnt, das das Publikum hingerissen war. Am ersten Pult saß souverän Alexandra Nussbaumer. Mittendrin und unermüdlich Ronny Fugmann am Bassakkordeon, der während des ganzen Konzerts als Dirigent, Arrangeur oder als Spieler präsent war. Mit “Misteriosa Venezia” endete ein anspruchsvolles Konzert mit außergewöhnlichem Programm, das das Können aller Akkordeonisten herausforderte.

Autor: Dagmar Barber